Belgien verbietet Konversionspraktiken, die die Geschlechtsidentität, den Geschlechtsausdruck oder die sexuelle Ausrichtung von Menschen entmutigen, unterdrücken oder verändern
20/07/2023 - Das Parlament hat heute ein Gesetz zum Verbot von Konversionspraktiken verabschiedet. Konversionspraktiken sind Praktiken, die darauf abzielen, die sexuelle Orientierung, die Geschlechtsidentität oder den Geschlechtsausdruck einer Person physisch oder psychologisch zu entmutigen, zu unterdrücken oder zu verändern. Jeder, der eine Konversionspraxis durchführt, dafür wirbt oder jemanden dazu drängt, sich einer Konversionspraxis zu unterziehen, kann nun mit einer Geldstrafe, einer Freiheitsstrafe oder einem Berufsverbot belegt werden. Dies geht aus einem neuen Gesetz hervor, das von der die Staatssekretärin für Geschlechtergleichstellung, Chancengleichheit und Diversität Marie-Colline Leroy und dem Justizminister Vincent Van Quickenborne ausgearbeitet wurde.

Das Bundesparlament hat heute entschieden, dass Bekehrungspraktiken in unserem Land nicht mehr erlaubt werden dürfen. Konversionspraktiken werden ebenso verboten wie der Versuch, die Anstiftung, das Anbieten und die Werbung für Konversionspraktiken. Diese Straftaten werden nun mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren und/oder Geldstrafen von bis zu 2.400 Euro geahndet. Das Gericht kann auch ein Berufsverbot von bis zu fünf Jahren verhängen.
Was sind Konversionspraktiken?
Konversionspraktiken zielen darauf ab, die Geschlechtsidentität, den Geschlechtsausdruck oder die sexuelle Ausrichtung einer Person zu entmutigen, zu unterdrücken oder zu verändern. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie von medizinisch ausgebildeten Personen durchgeführt werden oder nicht, ob sie entgeltlich oder unentgeltlich durchgeführt werden, ob eine Beziehung zwischen Täter und Opfer besteht und ob das Opfer zugestimmt hat oder nicht. Entscheidend ist die Absicht des Täters.
Dabei kann psychologischer Druck ausgeübt werden, wobei das Schamgefühl der Betroffenen ausgenutzt wird, oder es kann sich um eine pseudomedizinische Form handeln. Denken Sie an Praktiken, bei denen das Opfer gezwungen wird, illegale oder ungesetzliche Behandlungen oder Medikamente wie Antidepressiva einzunehmen oder sich einer EMDR-Therapie oder Elektrokrampftherapie zu unterziehen. Einige Praktiken sind mit körperlichen Schäden verbunden. Die Opfer können körperlicher Gewalt und demütigender Behandlung ausgesetzt sein.
Neuer Schritt zu einer integrativeren Gesellschaft
Staatssekretärin Marie-Colline Leroy: "Für Bekehrungspraktiken gibt es keine wissenschaftliche Grundlage. Im Gegenteil, die Wissenschaftler sind sich einig, dass diese Praktiken besonders schädlich für die psychische und physische Gesundheit des Opfers sind und zudem stigmatisierend und diskriminierend wirken. Es war also höchste Zeit, dass unser Land dieses Verbot einführt. Ich möchte meiner Vorgängerin Sarah Schlitz und allen zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich seit langem für ein Verbot von Konversionspraktiken einsetzen, für die geleistete Vorarbeit in diesem Bereich danken. Ihnen ist es zu verdanken, dass Belgien nun einen weiteren Schritt in Richtung einer integrativeren Gesellschaft macht, in der Menschen ohne Angst und Scham so sein können, wie sie sind. "
Justizminister Vincent Van Quickenborne: "In einigen ultrakonservativen Familien und extrem religiösen Kreisen herrscht immer noch die Annahme vor, dass die sexuelle Orientierung veränderbar ist. Dies ist nicht nur eine wissenschaftlich fehlerhafte Annahme, sondern steht auch im Widerspruch zu den Werten unserer freien Gesellschaft, in der jeder sich selbst sein darf. Konversionspraktiken können auch zu schweren körperlichen Verletzungen, zum Tod oder zu lebenslangen Traumata führen. Mit diesem Gesetz machen wir deutlich, dass unsere Gesellschaft solche Praktiken nicht duldet und sie hart bestraft."
Mit dem Verbot folgt Belgien einer Forderung des Europäischen Parlaments, Bekehrungspraktiken zu verbieten. Mehrere Länder haben bereits ein gesetzliches Verbot von Bekehrungspraktiken eingeführt, darunter Malta, Deutschland und Frankreich. Belgien schließt sich ihnen nun an.
